3. November 2024

Edgar Zeidler’s Sprachstub: Kàsch mi fìmfere

Edgar Zeidler

Kommentare

Kàsch mi fìmfere

In unseren Mundarten haben wir rätselhafte Ausdrücke, die auf Zahlen anspielen. Hier ein paar Beispiele
Als neulich ein Straßenverkäufer mich fragte, ob ich „e pààr Fìmfer hätte“ (ein paar Fünf-Euro Scheine), fiel mir die alte Redewendung „Kàsch mi fìmfere“ ein. Der Sinn war mir immer noch klar: Du kannst mich mal! Aber warum fìmfere bzw. fìnfere? Ein 87-jähriger Verwandter aus Wissembourg / Weißenburg hatte die Lösung auf der Hand: Er erinnerte sich an den kompletten Ausdruck: „Kànnsch mi fünfere un schauie, ob i um sechse dert bìn.“ Auf Französisch: „Va voir si j’y suis!“.
Meine Mutter pflegte über irre Verhaltensweisen zu sagen: „Verrùckt ùn drèi ìsch elf!“ Den Sinn ahnte ich, doch diese komische Rechnung war mir lange Zeit schleierhaft, bis ich auf Elfersìppla stieß. Die Elfersuppe oder Elfuhrsuppe wurde früher als verschleiertes Synonym für Gifttrunk verwendet. „Sìe hät em e Elfersìppla gserviert“, heißt also, dass sie ihn vergiftet hat. Auch hier erscheint die Zahl elf im kompletten Satz in einem helleren Licht: „Koch ìhm a Elfersìppla, àss’r àm Zwälfi gstorwa n ìsch! ». Der Ursprung geht wohl auf die Armenküche im Mittelalter zurück, wo um elf eine Suppe serviert wurde. Der Ausdruck: „Elfisuppe un àm Mìttàg tot!“ mag aber auch ein Hinweis auf die Suppe vor der nächsten tödlichen Schlacht sein.
S Elfersìppla ist im Sundgau heute noch bekannt: „Der Mànn vo der Noochberi ìsch plätzlig gstorbe, dia hät’m sìcher e Elfersìppla gserviert.“ Nicht ausgeschlossen, der Zusammenhang mit dem Brauch, wo vor dem Kirchgang um elf die Frau dem Mann eine Fleischsuppe serviert hat. Da der Gang in die Beiz nach dem Hochamt zum sonntäglichen Ritual gehörte, verhinderte die Elfersuppe, dass das ’Amerbier’ in einen leeren Magen gluckerte.
Die Geschichte von Solothurn in der Schweiz hängt auch mit der Zahl elf zusammen. Es ìsch der elfscht Kànton, d Stàdt zählt elf Kìrche un Kàpalle, elf Brìnne, un elf Tìrm. Ìm Glocketurm vo der Sankt Ursenkathedrale, elf Johr Bauizitt (1762 – 1773), hanke elf Glocke, ìn der Kìrch sìn elf Àltàre. Der Sage nach soll der Elfenkönig den kleinen finsteren und kinderlosen Ort in Licht eingetaucht und elf als Kinder verkleidete Elfen dorthin geschickt haben. Ihr Auftrag war, den Einwohnern elf Jahre Frohsinn und Glück zu bescheren. Viele Frauen zeugten fortan Kinder, aus dem Dorf wurde eine Stadt, wo seither elf e heiligi Zàhl ìsch. Unklar dabei, ob 11 das Ergebnis von 12-1 ist, oder anders ausgedrückt die 12 Jünger Jesu minus Judas?

Edgar Zeidler

Quelle:

Mit freundlicher Genehmigung durch:

Rheinblick (c) 2024 , elsässisches Wochenmagazin‌, Beilage des Tageszeitungen L’Alsace und Dernières Nouvelles d’Alsace (DNA)

 

1 Kommentar

  1. Irmtraud Bernert

    Do bleibt nur zu hoffe, dass unserer Nationalelf koi Elfersüpple serviert
    wird, wenn se 2026 die WM vergeige!