12. Mai 2025

Edgar Zeidlers Sprachstub: Kàbis, Chàbis, Kàbiskrütt

Edgar Zeidler

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Kàbis, Chàbis, Kàbiskrütt
Wieso Weißkraut im Dialekt Kàbis heißt
Kàbiskrütt heißt auf Deutsch Kopfkohl, auf Französisch chou cabus und weist auf die lateinische Herkunft ’caput’, Kopf, hin. Die Form im Mittelhochdeutschen war kabez. Man sagt im Elsass zu diesem Kopfkraut auch einfach Kàbis oder Chàbis (Sundgau). Synonyme sind Kopfkrütt oder Kopfkehl. In Baden sind die Formen ähnlich: Kab(b)is, Kawis, im Breisgau Kchabbes. In Kehl und Umgebung jedoch sagt man… Kehl. Übrigens, Kàbiskopf schmeckt genauso wie Krüttskopf und Krüttdorsche und Krüttstorze (Kohlstrunk) sind auch gleichbedeutend. Bekannt die badische Bauernregel: „Setz me der Chabis vor Johannis, so gitt’s Chabis, drnoo gitt’s Chäbisli. Etwas finster der Volksglaube: „Wenn der Chabis wissi Blätter überchunnt, so stirbt ebbe us’m Huus.“
In Bern und Umgebung wächst der Chabis, und existiert natürlich auch in seiner konservierten Form, dem Suurchabis, was im noch zweisprachigen Elsass Sürkrütt oder choucroute heisst. Sagt ein Berner: „Ke Chabis“, bedeutet es nicht, dass er keinen Bock darauf hat, sondern ’kein Unsinn’.
Müßig all die Kohl – oder Krautsorten aufzuzählen, doch den elsässischen Brisslakehl (Colmar) soll hier erwähnt werden, weil sich diese Bezeichnung auf die Stadt Brüssel bezieht und somit deren Herkunft verrät.
Interessant auch der historische Hinweis in einem Text über den Krautmarkt, krutmerkt, von Ribeauvillé / Rappoltsweiler, 1302: „ruben, kabus, oley, rettich“…
S Krüttbippele oder der Krüttbuschel bzw. Kriterbischel (Ortenau) war an Mariä Himmelfahrt ein geweihter Kräuterbusch. In Baden bedeuten krute das Unkraut jäten, und wer krutig ist, ist keck oder aufgeblasen. Was jedoch ein Krutschisser, Krüttschisser oder e Krutseckel bzw. Krüttseckel ist, wissen nur die Kenner der Falter, nämlich ein Kohlweißling.
Versteht ein Badener einen Elsässer nicht, sagt er womöglich: „Das isch krutwelsch, also unverständlich. Beklagt sich ein Elsässer über dessen Heckewalsch, kapiert das der Badener sofort, da er selbst Heckewelsch in seinem Vokabular hat.
Sagt ein Basler zu Ihnen: „Verzell doch nìt son e Kaabis!“, dann hat das nur bedingt etwas mit Weißkohl zu tun. Die Frage sei dann, warum dieses Gemüse sinnbildlich für ’dummes Zeug’ herhalten muss? Hat etwa die phonetische Nähe zu Quatsch ihre Hand im Spiel?
Wir können nur festhalten, dass gegen solche Sprachenspiele im Dreyland eben kein Kraut gewachsen ist…
E. Zeidler, W. Wurth, F. Scheer-Nahor, E.P. Meyer, M. Gasser

Quelle:

Mit freundlicher Genehmigung durch:

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