1. Dezember 2024

Edgar Zeidler’s Sprachstub: Erlìckere, erlickere, erliggere

Edgar Zeidler

Kommentare

Erlìckere, erlickere, erliggere

Typisch Mundart, dieses erlìckere. Finden Sie in diesem Beitrag heraus, was damit gemeint ist!

Dieses im Elsass in der Form von erlìckere, in Südbaden erlickere, im Kraichgau erliggere noch ziemlich verbreitete Verb hat mehrere Bedeutungen. Im Dreyland heißt es zuerst einmal ausfindig machen, erfahren, kapieren, erspähen, entdecken, auf den Geschmack kommen: Hàsch dü erlìckert, wo d Miis ìn der Kàschte schlupfe? (Mulhouse). Hast du ausfindig gemacht, wo die Mäuse in den Schrank schlupfen? Àse Kìnd ìsch’s zìmlig làng gànge, bis ich erlìckert hà, àss es der Sàntiklauis un s Chrìschtkìndla nìt gìtt. (Colmar) Als Kind hat es eine Weile gedauert, bis ich herausfand, dass es den Nikolaus und das Christkind nicht gibt. Jetz wo der Rolli s Ummezieh erlìckeret hät, blibt er nìmmi d’heim. (Sundgau). Jetzt wo der Kater auf den Geschmack des Herumstreunens gekommen ist, bleibt er nicht mehr daheim. Er hät’s gli erlickeret gha, wie des Ding goht. (Baden) Er hat es gleich kapiert, wie dieses Ding funktioniert. Synonyme wären im Colmarer Raum: derhìnterkùmme, drùffkùmme oder erüssfìnde. Bei der Suche nach der Worterklärung von erlìckere ist es wahrscheinlich, dass eine Verbindung zu lecken oder lecker besteht. Liest man doch bei Martin und Lienhart folgende Definition: erlickere, durch regelmäßige Gaben an das Empfangen gewöhnen: „Müesch em nit jedesmol Zucker ga, sonscht düesch’s erlickere.“ Gemeint kann sowohl ein Kind als auch ein Haustier sein. Daneben steht auch das Verb verlìckere im Sinne von schmackhaft machen.
Und schon kommt einem schlagartig das Adjektiv schlackrig in den Sinn, welches wählerisch im Essen, verwöhnt, bedeutet: „Ùnseri Kàtz frìsst kè Bìchsefüeter meh ùn wùrd ìmmer schlackriger. Unsere Katze frisst kein Dosenfutter mehr und wird immer wählerischer. Sehr einprägsam diese elsässische Mahnung an wählerische Kinder oder Erwachsene: „Wenn dü emol so schlackrig bìsch, àss dìr der Spack un s Sürkrütt nìmm schmecke, noh gheert dìr d Zung mìt eme Ziegelstìck grìwwe!“ Bist du einmal so wählerisch, dass dir Speck und Sauerkraut nicht mehr schmecken, dann sollte man dir die Zunge mit einem Ziegelstück polieren.
Eine weitere Bedeutung ist: Einem bei einer Sache zuschauen und es bei ihm ablernen bzw. abgucken: „Bim Güschti hàwi erlìckert, wie dàs zammebauit ìsch!“ Beim Gustav habe ich abgeguckt, wie das zusammengebaut ist.

E. Zeidler, F. Scheer-Nahor

Quelle:

Mit freundlicher Genehmigung durch:

Rheinblick (c) 2024 , elsässisches Wochenmagazin‌, Beilage des Tageszeitungen L’Alsace und Dernières Nouvelles d’Alsace (DNA)

2 Kommentare

  1. Petra RieBüh

    Erlickere – ja, des kenn ich au! Zum Beispiel: „Des hab i scho von weitem erlickert, dass d‘ Mandarine heit im Sonderangebot sin.“ Im Sinn von ausfindig mache, gibt’s bei uns au was Schöns, nämlich: „uff de Trichter komme.“

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  2. Angelika

    Weil es am Ende des Textes um’s Essen geht …wollte ich auch noch was dazu sagen:
    Schlackrich“ heißt bei uns im Kraichgau auch „schleggich“ odder „glischdich “ un jemandem, der ein (einfaches) Essen ablehnt, „demm gheert d’Zung‘ gschabt “ (numme dass dess mit’eme Zigglschdigg geh kann, isch bei uns net bekannt !)

    Noch zu „erliggere“… wie mol unser Enklkinner „erliggert“ ghat henn, wie gut e normals Schnitzel schmeckt, henn si koi Sellerieschnitzel mehr esse wolle…

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